Endlich neue Denkanstösse in der Migrations-Debatte
Historische Geographen, Historiker, Sprachforscher….in so manchen wissenschaftlichen Disziplinen ist man gewohnt über Dinge nachzudenken wie zum Beispiel, dass die finnische und die ungarische Sprache eine gemeinsame Wurzel haben… dass es maurische Stämme nicht nur nach Sevilla, sondern bis ins Saas-Tal im schweizerischen Kanton Wallis verschlug….dass das von uns kulturelll so klar definierte „Italien“ im Lauf der Zeit so bunt besiedelt wurde..von Phöniziern…Karthagern…Römern…Germanen und Franken… und das heutige Italien sich national erst seit 1861 in dieser Form begreift. Die Völkerwanderung hat alles durchwirbelt und auch danach hat so manche königliche Hochzeit aus Staatsräson für durchmischte Kulturen gesorgt und so mancher Fan französischer Küche ahnt kaum, dass erst der Einzug einer Medici deftige Gallier-Eintöpfe zu verfeinern begann…
Unsere Gesellschaft ist bei weitem nicht so homogen, wie sie sich mancherorts Mühe gibt sich zu präsentieren. Es ist an der Zeit ein neues soziologisches Verständnis des Begriffes „Vielfalt“ herauszubilden und zu kultivieren um der Einfalt einer Debatte Einhalt zu gebieten die sich an den Begriffen „Mehrheitsgesellschaft“ oder „Parallelgesellschaft“ festbeißt. Wenn es um Persönlichkeitsrechte geht möchte sich kaum jemand unterstellen lassen, er oder sie sei nicht individuell; wenn wir über „uns“ und „die anderen“ sprechen, über „Überfremdung„, „Diskriminierung“ oder „Migrationspolitik“ werfen die einzelnen Protagonisten ihre Individualität über Bord um ein „wir“ herzustellen.
Unser Buchtipp zu diesem Thema: Mark Terkessidis „Interkultur“, erschienen bei Suhrkamp 2010.
Wir sind vielfältiger, unharmonischer und un-homogener als gedacht – das schöne daran ist: Es kann ein Vorteil sein, wenn man sich darum kümmert!
„Einwanderung wurde oft als eine Art Störung der Harmonie in Deutschland betrachtet. Doch diese Harmonie hat nie existiert. Und Harmonie muss auch nicht immer das Ideal sein – aktuell haben wir es mit Dissonanz und Brechung, mit Unreinheit und Improvisation zu tun. Das bedeutet nun nicht, dass sich langfristige Planung nicht mehr lohnt – im Gegenteil: Sie muss aber flexibler werden. Wir stehen vor der großen Aufgabe einer interkulturellen Alphabetisierung. Und dabei lernen wir alle eine neue Sprache.“
Viel Spass beim Lesen, Weiterdenken und Umsetzen!