Kleine Fächer – die Exoten an den Universitäten

„Wo gibt`s denn so was?“…

… titelt DIE ZEIT  in einem Artikel v. 05. Januar 2012, Nr. 2 –  und berichtet, daß Wissenschaftler der Potsdamer Universität 4 Jahre lang eine Bestandsaufnahme der kleinen Fächer, der Exoten an deutschen Unis, erarbeitet haben. Ein einzigartiges und hervorragendes Projekt. Vorlesungsverzeichnisse, Personallisten und Lehrstühle wurden durchforstet und gezählt, sowie Professoren befragt; von der Afrikanistik bis zur Wissenschaftsgeschichte.

Norbert Franz von der Arbeitsstelle Kleine Fächer, und als Slawist selbst Vertreter eines kleinen Fachs, stellte fest: Im Vergleich zu 1992 hat die Zahl der Professuren an kleinen Fächern bundesweit erheblich zugenommen. Überrascht und erfreut hat dies ganz besonders Frau Margret Wintermantel, Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), die die Kartierung in Auftrag gegeben hat. Es ist hierbei deutlich geworden, daß kleine Fächer, die Exoten der Universitäten in Deutschland und Europa einzigartig und sehr erfolgreich sind. „Man wird zukünftig wohl sensibler mit kleinen Fächern umgehen“, sagte Frau Wintermantel. Mehr Geltung und Interesse wird den Exoten in Zukunft sicher sein.

Ganz besonders hervorgehoben wurde auch die hervorragende Betreuung der Studenten, die dichte internationale Vernetzung und die Zusammenarbeit über Disziplingrenzen hinweg sei ganz vorbildlich. „Hier hat sich ein Stück alte Universität erhalten“.

Hier ein paar Exoten der kleinen Fächer:

INDOLOGIE: Horst Brinkmann, Peofessor für Indologie meint „Professor für Indologie zu sein war immer eine Herausforderung!“ Die Indologie kommt aus der Romanik, ist die Rückbesinnung auf die Wurzeln menschlicher Kultur – etwas Grundsätzliches. „Wir sind ein kleines Fach und als solches immer gut gefahren“ sagt Prof. Brinkmann, “ wo sonst gebe es einen so intensiven Austausch, wo ein so angenehmes Arbeiten in kleinen Gruppen mit derart motivierten Studenten?“ Zu uns verirrt sich keiner einfach so.“

KELTOLOGIE: Ist die Sprachwissenschaft des Bretonischen, Irischen, Kimrischen und Schottisch-Gälischen. Gisbert Hemprich, Sprachdozent und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Bonner Universität erzählt von den Bonner Keltologen und ist stolz auf seine kleine keltische Truppe.  Es werden Konzerte und Filmabende veranstaltet und manchmal holt er seine Flöte heraus und spielt alte irische Volksweisen und ein anderer spielt auf dem Dudelsack.  Er sagt: „Ich kenne Studenten, die darüber zur Keltologie kamen und hervorragende Wissenschaftler geworden sind.“

GENDER STUDIES: Frauen- und Geschlechterforschung wird an der Frankfurter Goethe-Universität gelehrt. Ein kleines Fach? Das wird sich bald ändern! Längst hat sich das ehemals reine Frauenfach auch der Männerforschung zugewandt. Diese Entwicklung erklärt Professorin Lutz von der Goethe-Uni. so: „In einer Gesellschaft, in der Frauen ihreRollen neu definieren, hat das automatisch Folgen für das Selbstverständnis der Männer“. Entsprechend rasant steigt die Zahl männlicher Studenten.

 

[Quelle: DIE ZEIT Nr. 2, S. 57, CHANCEN, 05.01.2012]